Montag, 3. Februar 2014

Die Leiden des alten saebbae

Wer meinen Post letzte Woche gelesen hat, hat, falls er es nicht vorher schon wusste, gelernt, dass ich ein toleranter Mensch bin. Jeder soll machen, was er für richtig hält, solange er keinem anderen damit schadet. Wir haben aber auch gelernt, dass man Dinge trotzdem dämlich finden kann. Deshalb muss ich jetzt schon einmal fragen:

Ernsthaft, Leute?

Der halbe Facebook-Newsfeed besteht aus saufenden Menschen. Das ist an sich für einen Außenstehenden soweit zwar vielleicht zunächst überraschend (oder auch nicht), aber nicht besorgniserregend. Problematisch wird es dann, wenn schneeballsystemmäßig Bekannte zum Mitmachen animiert werden. Das letzte große Schneeballsystem hieß Prokon und hat einen in der S-Bahn um seine Ersparnisse angeschnorrt, aber das nur am Rande. In diesem Fall geht es nicht um Geld, sondern um eine soziale "Währung" - Anerkennung. Genauso wie hartes Geld greift aber hier auch die Inflation - je mehr Leute mitmachen, desto geringer ist der Beitrag, den der Einzelne leistet und dementsprechend geringer der Vorteil, den er daraus ziehen kann. 

Wie gesagt: man darf Dinge doof finden. Ich tue das in diesem Fall. Zum einen ist es zu schade um das Bier, das in unseren Breiten wirklich gute Qualität hat und genossen werden sollte. Zum anderen ist es immer problematisch, andere Menschen zum Alkoholkonsum anzustiften.

Das eigentliche Problem liegt aber ganz woanders: ich habe an mir selbst festgestellt, dass es gar nicht so einfach ist, aus diesem sozialen Muster auszubrechen. Anstatt direkt meinen Mann zu stehen, habe ich das ganze zuerst mit Komilitonen diskutiert, um zu vermeiden, einen zwischenmenschlichen Fauxpas durch eine Verweigerung zu landen. Im Nachhinein sage ich ganz ehrlich - ich schäme mich dafür, das für nötig erachtet zu haben.

Viele Probleme in der heutigen Zeit ließen sich lösen, wenn Menschen sich trauen würden, ihr eigenes Hirn zu nutzen, zu eigenen Schlussfolgerungen zu kommen und diese auch auszusprechen statt permanent nachzuplappern, was ihnen gesagt wird (was viele sagen, wird schon stimmen). In der Gesellschaft haben wir erst dann völlige (Rede-)Freiheit erlangt, wenn jeder sagen kann, was er denkt, ohne Angst zu haben, dafür verurteilt zu werden. Man mag sich gar nicht vorstellen, wie viele gute Ideen in der Geschichte untergegangen sein mögen, weil jemand anderes lauter gebrüllt hat.

Mir würde es also sehr am Herzen legen, wenn die Öffentlichkeit sich zwei Regeln zu Herzen nehmen würde:
  • Sagt was ihr denkt und was eure persönliche Meinung ist
  • Wenn jemand anderer Meinung ist, dann diskutiert sachlich statt einer Vorverurteilung. Zumeist kann jeder etwas vom anderen lernen und sein Weltbild dadurch erweitern

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen