Montag, 27. Mai 2013

Passierschein A38

Der folgende Post beruht auf wahren Begebenheiten. Sämtliche Ähnlichkeiten mit echten Personen sind natürlich rein zufällig und in keinster Weise beabsichtigt. Nachdem das geklärt wäre, beginne ich nun mit der Erzählung. Zugunsten der Dramatik der Erzählung wollen wir annehmen, dass ich die Hauptperson sei.

Ich schlüpfe nun also in die Rolle eines Mathematikstudenten an der LMU, der im Juli seinen Bachelor abschließen will und sich bereits für Stellen bewirbt, die er nach dem Studium antreten könnte. Das Szenario der Erzählung sieht nun vor, dass eine Bewerbung abgeschickt ist, und eine Antwort im Sinne von "Ihre Bewerbungsunterlagen sehen interessant aus, aber wir benötigen noch einen aktuellen Notenauszug. Bitte übersenden Sie uns diesen bis kommenden Mittwoch" gegeben wurde.

Erster Akt.

Ich bin guter Dinge. Auch wenn ich bis Mittwoch einen Notenauszug brauche, und die Mühlen der LMU bekanntermaßen langsam mahlen, weiß ich ja, dass das Prüfungsamt für Mathematik zweimal in der Woche für je zwei Stunden geöffnet ist, und ein Termin ist glücklicherweise montags. Hochmotiviert stehe ich also zwei Stunden früher als nötig auf, um mir dort vor der ersten Vorlesung meinen Schein zu besorgen. Doch kaum bin ich angekommen, folgt die erste Ernüchterung. An der Tür hängt nicht nur ein großer Zettel, der von nichts Gutem künden kann, sogar zwei. Bei näherer Betrachtung offenbart sich mir das ganze Ausmaß des Dramas: Der eine Aushang informiert mich, dass die Sprechstunde bei der einen der beiden Damen heute wegen Krankheit ausfällt. Der zweite dagegen ist unpräziser, aber die Konsequenz noch härter: die Sprechstunde der zweiten Prüfungsamtdame entfällt sogar "bis auf weiteres".

In meiner Verzweiflung entscheide ich mich, das Statistikprüfungsamt aufzusuchen, da dies ja mein Nebenfach ist. Ich habe die naive Hoffnung, dass mir dort geholfen werden kann. Nach dem knapp 2 Kilometer langen Fußmarsch angekommen, lese ich glücklicherweise am Aushang neben der Tür, dass zufällig gerade Sprechstunde ist. Leider hängt direkt darunter ein weiterer Aushang mit den Worten: "Besprechung - Bitte nicht stören!". Somit beginnt die Belagerungsphase. Eine halbe Stunde später, ich hatte die Hoffnung bereits aufgegeben, öffnet sich die Tür und ich kann eintreten.

Als ich die beiden Prüfungamt-Insassinen über meine Notlage aufgeklärt habe, wird schnell klar, dass sie mir zwar sehr gerne helfen würden, ihnen aber aufgrund technischer Beschränkungen die Hände gebunden sind - sie haben keinen Zugriff auf meine Noten. Daraufhin rufen sie ihren Vorgesetzten an, doch auch er hat keine Möglichkeit zu helfen. Doch dann - ein Hoffnungsschimmer. "Sie könnten es noch bei der Kontaktstelle Mathematik probieren". Doch sofort zerstreut ihre Kollegin die Hoffnung wieder: "Das ist doch die Halbtagsstelle, die aktuell unbesetzt ist - da kommt erst im Juni wieder jemand nach". Doch Nummer 1 lässt sich nicht unterkriegen: (dramatische Musik) "Aber es gibt doch jemanden als Ersatz, das macht doch im Moment der Herr Wachtel".

Es keimt wieder Hoffnung. Bei dem genannten Herrn, der nun die kommissarische Ausführung dieser - ich nenne es mal so - Sekretärinnenstelle inne hat, handelt es sich um meinen Wahrscheinlichkeitstheorie-Dozenten und Betreuer meiner Bachelorarbeit. Mir war klar, dass er Himmel und Hölle in Bewegung setzten würde, wenn ich ihm von meinem Problem berichte. Er wurde nun telefonisch kontaktiert und ich wurde zu ihm geschickt.

Nun also Fußmarsch zurück durch das sommerliche München. Sommerlich in dem Sinne, dass der Regen wärmer wird. Wie ich später erfahre, setzt sich der Herr Doktor in diesem Moment bereits in Bewegung, um die Deserteure vom zentralen Prüfungsamt zu stellen. Leider letztlich genauso erfolglos ich bereits zuvor. Als ich nun bei ihm ankomme, erklärt er mir, dass er selbst leider auch keinen Zugriff auf das System hat, allerdings kennt er die Dame, die es programmiert hat. Insofern sollte sie in der Lage sein, darauf zuzugreifen. Leider ist sie telefonisch nicht zu erreichen. Ich soll mich morgen wieder melden.

Ende des ersten Aktes.

Mittwoch, 9. Januar 2013

Intervention

Liebe Radiosender, dies ist eine Intervention.

Nachdem ihr nicht mitzubekommen scheint, dass bei dem, was zur Zeit über den Äther geht (ja, ich weiß, dass das physikalisch nicht korrekt ist), Einiges im Argen liegt, würde ich gerne eine Anklageschrift präsentieren. Die einzelnen Punkte der Anklage sind im Folgenden in steigender Schwere der Schuld aufgezählt:

Erster Anklagepunkt: Die Musikauswahl

Ja, ich verstehe, dass der potentielle Hörer möglichst gleich beim Einschalten des Radios eingängige und möglichst bekannte Hits hören soll. ABER: Das ständige Wiederholen der immer wieder gleichen Lieder treibt die Leute doch erst dazu, den Radiosender zu wechseln. Mischt eure Musikauswahl, bringt anspruchsvollere Lieder, traut euch etwas zu spielen, was am Mainstream vorbeigeht. Dann bleiben die Hörer treu und werden nicht durch das Dauergedudel der anderen Sender abgeworben. Psychologisch fatal finde ich persönlich übrigens noch die Tatsache, dass Lieder, nachdem sie längst totgespielt wurden und dann irgendwann völlig gerechtfertigt von der Bildfläche verschwunden sind, nach dreimonatiger Auszeit plötzlich wieder aus der Versenkung auftauchen und noch penetranter gespielt werden als vor ihrer temporären Abwesenheit. Einziges positives Gegenbeispiel, das mir einfällt: Matuschke.

Zweiter Anklagepunkt: Die Werbung

Möbelhäuser und Discounter: ICH KANN NICHT MEHR! Wenn ich noch ein einziges Mal einen roten Stuhl singen höre oder die beiden Wörter "Supersamstag" und "Lidl" noch ein einziges Mal in einem Satz höre, fliegt das Radio aus dem Fenster! Ja, ihr müsst mit Werbung Geld verdienen. ABER ERLAUBT ES DEN WERBEAGENTUREN NICHT, EUCH EURE HÖRER ZU VERGRAULEN! Man verdient an Werbung nichts mehr, wenn die Quoten wegen ebendieser sinken! Hier wäre etwas mehr Weitblick gefragt. 
Und den Werbetreibenden sei geraten: "Don't be evil!" Bekanntheit darf nicht verwechselt werden mit Beliebtheit. Zumindest auf mich wirkt aggressive Werbung abschreckend und hält mich explizit davon ab, ein Produkt zu konsumieren!

Dritter Anklagepunkt: Die Comedy

Comedy soll lustig sein. Aber heutzutage ist sie nur noch nervig. Egal ob Nullinger, Showpraktikant, Tagebuch des täglichen Wahnsinns oder Cindy aus Marzahn: Nur noch nervende Sendungen will niemand hören und sehen. Der Zusammenhang "je schriller die Stimme, desto einprägsamer und damit besser" gilt auch nicht! Wenn ihr Menschen unterhalten wollt, dann bitte mit durchdachten Pointen und nicht mit einem Sprecher, der den immerselben Blödsinn mit sich möglichst stark überschlagender Stimme ins Mikrofon brüllen kann.

Vierter und finaler Anklagepunkt: Morning-Shows

Ich will nicht mit gackernden Quietschmoderatorinnen und aufgesetzt gut gelaunten Morningmen, deren Honigkuchengrinsen man förmlich hören kann, geweckt werden. Ich bin nicht sofort gut drauf, wenn ich gerade vom Wecker aus dem Schlaf gerissen wurde und dann aus dem Radio ein Lachen in einer Tonhöhe kommt, dass einem Mark und Bein gefrieren. Niemand ist immer gut drauf und ihr solltet auch nicht versuchen es so darzustellen als ob. Das macht die Sendungen nur unglaubwürdig und damit nicht hörenswert. Habt Mut, auch mal einen Morgenmuffel ans Mikro zu setzen. Ich wette, der wird Sympathiewerte von einem anderen Stern haben!
Und abgesehen von der Qualität der Shows: ICH WILL WEDER ABENDS UM 19 UHR NOCH MITTEN IN DER NACHT DIE VERDAMMTEN FRÜHAUFDREHER QUÄKEN HÖREN! WAS IST DENN DAS FÜR EINE UNGLAUBLICHE UNSITTE IN LETZTER ZEIT! Wenn es schon eine Morgenshow sein soll, dann belasst es bitte auch dabei. Morgens ist das schon schwer genug zu ertragen.

Freitag, 4. Januar 2013

Logisch?

Heute wird es gefährlich. Das Wissen, an dem ich euch gleich teilhaben lasse, hat schon Menschen in psychiatrische Behandlung getrieben, obwohl es nur um logische Schlüsse geht. Es sollte also bitte nur weiter lesen, wer eine stabile Persönlichkeit hat.

Es geht um die einfache Frage "wie lässt sich Logik beschreiben?". Man erwartet von einem solchen System, das wir gleich definieren werden, dass es genau das leistet, was wir als "gesunden Menschenverstand" bezeichnen, also das sinnvolle Schließen. Dazu müssen wir uns zunächst einmal überlegen, was ein sinnvoller Schluss ist und was nicht. Diese Regeln werden wir dann als "Axiome" festhalten. Ein Axiom ist nichts weiter als eine "Wahrheit", die man einfach per Definition festlegt.

Ein logischer Schluss wäre etwa: Wenn Hunde braun sind, und Bello ein Hund ist, dann ist Bello braun. Etwas formaler: 
(Hund - > braun) und (Hund) dann (braun)
Verallgemeinert: Wenn A - > B und A, dann B
Das wäre schon unser erstes Axiom, die sogenannte Pfeilbeseitigung oder auch "modus ponens". Achtung: der Pfeil ist ein Symbol des formalen Systems, die geschriebenen Worte "und" und "dann" dagegen nicht, sie stehen außerhalb des Systems!
Eine zweite Regel: Wenn Bello braun ist, dann ist Bello auch braun, wenn es draußen regnet.
Also: (braun), dann auch (Regen - > braun)
Oder: B, dann A - > B
Das ist das Gegenstück, die Pfeileinführung. Diese beiden Regeln sind schon das Hauptrüstzeug, das wir benötigen. Desweiteren gibt es noch die Existenz- und Allregeln, die und-Regeln und die oder-Regeln, wie etwa die Fallunterscheidung: Wenn unter der Annahme A herleitbar ist, dass C gilt und man C auch unter der Annahme B gilt, und man außerdem weiß, dass A oder B gilt, dann muss C gelten.
Alle diese Regeln, die wir einführen, sind sehr einfach und logisch. Wenn wir uns streng nach ihnen richten, werden wir also aus einer wahren Tatsache nie etwas falsches schließen können. Achtung: die wahre Aussage, von der wir hier reden, ist außerhalb des Systems wahr. Wir definieren sie deshalb innerhalb des Systems als Axiom und können daraus dann innerhalb des Systems unter Anwendung der Schlussregeln neue Aussagen erzeugen. Von diesen können wir deshalb davon ausgehen, dass sie auch außerhalb des Systems wieder wahr sein werden.

Und nun kommt der kranke Teil. Man kann die Zahlentheorie innerhalb eines solchen formalen Systems beschreiben. Für die Nichtmathematiker: die Zahlentheorie ist mehr oder minder die "einfachste" mathematische Disziplin, sie beschäftigt sich ausschließlich mit Eigenschaften von Zahlen. Eines ihrer Axiome ist etwa, dass es zu jeder Zahl einen direkten Nachfolger gibt.

Gödel hat nun etwas schockierendes entdeckt. Er hat Aussagen der Zahlentheorie auf bestimmte Weise eine Nummerierung gegeben. Das bedeutet, jede Aussage ist nun mit einer Zahl zu identifizieren. Eine Aussage über Zahlen also die selbst eine Zahl ist. Sie kann sich also, wenn es blöd läuft, auf sich selbst beziehen.

Nun kann man folgende Aussage konstruieren: Diese Aussage ist in diesem System nicht herleitbar. Nehmen wir an, sie ist außerhalb des Systems wahr. Dann ist das System offensichtlich unvollständig, da man diesen wahren Satz nicht durch logische Schlussfolgerungen erreichen kann. Nimmt man allerdings an, dass dieser Satz außerhalb des Systems falsch ist, dann muss er herleitbar sein. Unser System, dass nur logische Schlüsse verwendet, liefert uns einen unwahren Satz!

Diese gnadenlose Wahrheit gilt, wie man beweisen kann, in jedem formalen System, dass mächtig genug ist, die Zahlentheorie zu beschreiben. Aber was können wir daraus schließen? Haha. Ironisch, oder nicht? Selbst wenn wir etwas daraus schließen könnten, woher wüssten wir, dass die Folgerung wahr wäre, egal wie logisch uns der Schluss vorkommt? Woher nehmen wir überhaupt das Selbstvertrauen, behaupten zu können, dass Aussagen wahr sind, wenn sie logisch nicht herleitbar sind? Denken Menschen unlogisch? Wie kann ein Mensch Wahrheit beurteilen? GIBT es Wahrheit? Vielleicht noch ein kleines Zitat zum Ende:

Die Wahrheit ist relativ. Suchen Sie sich eine aus.