Mittwoch, 9. Januar 2013

Intervention

Liebe Radiosender, dies ist eine Intervention.

Nachdem ihr nicht mitzubekommen scheint, dass bei dem, was zur Zeit über den Äther geht (ja, ich weiß, dass das physikalisch nicht korrekt ist), Einiges im Argen liegt, würde ich gerne eine Anklageschrift präsentieren. Die einzelnen Punkte der Anklage sind im Folgenden in steigender Schwere der Schuld aufgezählt:

Erster Anklagepunkt: Die Musikauswahl

Ja, ich verstehe, dass der potentielle Hörer möglichst gleich beim Einschalten des Radios eingängige und möglichst bekannte Hits hören soll. ABER: Das ständige Wiederholen der immer wieder gleichen Lieder treibt die Leute doch erst dazu, den Radiosender zu wechseln. Mischt eure Musikauswahl, bringt anspruchsvollere Lieder, traut euch etwas zu spielen, was am Mainstream vorbeigeht. Dann bleiben die Hörer treu und werden nicht durch das Dauergedudel der anderen Sender abgeworben. Psychologisch fatal finde ich persönlich übrigens noch die Tatsache, dass Lieder, nachdem sie längst totgespielt wurden und dann irgendwann völlig gerechtfertigt von der Bildfläche verschwunden sind, nach dreimonatiger Auszeit plötzlich wieder aus der Versenkung auftauchen und noch penetranter gespielt werden als vor ihrer temporären Abwesenheit. Einziges positives Gegenbeispiel, das mir einfällt: Matuschke.

Zweiter Anklagepunkt: Die Werbung

Möbelhäuser und Discounter: ICH KANN NICHT MEHR! Wenn ich noch ein einziges Mal einen roten Stuhl singen höre oder die beiden Wörter "Supersamstag" und "Lidl" noch ein einziges Mal in einem Satz höre, fliegt das Radio aus dem Fenster! Ja, ihr müsst mit Werbung Geld verdienen. ABER ERLAUBT ES DEN WERBEAGENTUREN NICHT, EUCH EURE HÖRER ZU VERGRAULEN! Man verdient an Werbung nichts mehr, wenn die Quoten wegen ebendieser sinken! Hier wäre etwas mehr Weitblick gefragt. 
Und den Werbetreibenden sei geraten: "Don't be evil!" Bekanntheit darf nicht verwechselt werden mit Beliebtheit. Zumindest auf mich wirkt aggressive Werbung abschreckend und hält mich explizit davon ab, ein Produkt zu konsumieren!

Dritter Anklagepunkt: Die Comedy

Comedy soll lustig sein. Aber heutzutage ist sie nur noch nervig. Egal ob Nullinger, Showpraktikant, Tagebuch des täglichen Wahnsinns oder Cindy aus Marzahn: Nur noch nervende Sendungen will niemand hören und sehen. Der Zusammenhang "je schriller die Stimme, desto einprägsamer und damit besser" gilt auch nicht! Wenn ihr Menschen unterhalten wollt, dann bitte mit durchdachten Pointen und nicht mit einem Sprecher, der den immerselben Blödsinn mit sich möglichst stark überschlagender Stimme ins Mikrofon brüllen kann.

Vierter und finaler Anklagepunkt: Morning-Shows

Ich will nicht mit gackernden Quietschmoderatorinnen und aufgesetzt gut gelaunten Morningmen, deren Honigkuchengrinsen man förmlich hören kann, geweckt werden. Ich bin nicht sofort gut drauf, wenn ich gerade vom Wecker aus dem Schlaf gerissen wurde und dann aus dem Radio ein Lachen in einer Tonhöhe kommt, dass einem Mark und Bein gefrieren. Niemand ist immer gut drauf und ihr solltet auch nicht versuchen es so darzustellen als ob. Das macht die Sendungen nur unglaubwürdig und damit nicht hörenswert. Habt Mut, auch mal einen Morgenmuffel ans Mikro zu setzen. Ich wette, der wird Sympathiewerte von einem anderen Stern haben!
Und abgesehen von der Qualität der Shows: ICH WILL WEDER ABENDS UM 19 UHR NOCH MITTEN IN DER NACHT DIE VERDAMMTEN FRÜHAUFDREHER QUÄKEN HÖREN! WAS IST DENN DAS FÜR EINE UNGLAUBLICHE UNSITTE IN LETZTER ZEIT! Wenn es schon eine Morgenshow sein soll, dann belasst es bitte auch dabei. Morgens ist das schon schwer genug zu ertragen.

5 Kommentare:

  1. Vielen Dank für Ihren Input.
    Da Sie auf diesem Gebiet so bewandert sind, lege ich Ihnen nahe ein eigenen Radiosender zu Gründen.
    Falls Ihnen dies widerstrebt läge die eigen Playlist nahe.
    Grüße,
    Emansn

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Dass ich auf diesem Gebiet bewandert wäre, habe ich nie behauptet - ich bin nur ein durchschnittlicher Radionutzer und berichte, was ich für Gedanken habe, wenn ich das Ding einschalte.

      Einen eigenen Radiosender zu gründen würde keinen Sinn machen. Der Sinn des Ganzen wäre es doch in letzter Konsequenz, damit Geld zu verdienen. Mir stehen einfachere Wege offen, gut zu verdienen.

      Der Punkt ist nur, dass, wie so oft in der heutigen Zeit vergessen wird, dass wirtschaftlicher Erfolg nur über den Kunden geht. So wie das Ganze aktuell läuft geht das nur noch so lange gut, wie alle Anbieter die Interessen der Kunden ignorieren.

      Meine Konsequenz ist, dass ich meine eigene Musik höre, das ist für mich besser als die Alternative. Aber es ist nicht im Interesse der Sender, oder? Wer von uns steht also in der Pflicht, etwas zu ändern?

      Löschen
  2. wie recht du hast!!!
    es gibt einen radiosender, der dir gefallen dürfte...egoFM!!! www.egofm.de
    der mit abstand beste sender, der all das, was du hier schreibst, zum glück NICHT macht(außer vllt die werbung ein klein wenig...)

    AntwortenLöschen
  3. ein blog ohne impressum...schwierig..

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Danke für den Hinweis, mir war nicht klar, dass das auch für private Webblogs vorgeschrieben ist

      Löschen